Richtigstellung und Appell an den ORF zur objektiven und vollständigen Berichterstattung über die „Operation Sturm“

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Sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen des Dachverbands der Serben in Österreich (Savez Srba u Austriji), der die Interessen von mehr als 300.000 Bürgerinnen und Bürgern serbischer Herkunft in Österreich vertritt, möchten wir unsere tiefe Besorgnis und Enttäuschung über den am 5. August 2025 auf dem offiziellen ORF-Instagram-Kanal veröffentlichten Beitrag zur sogenannten „Operation Sturm“ (Oluja) zum Ausdruck bringen: Link zum Beitrag: https://www.instagram.com/reel/DM9-Rn4tHEY

1. Einseitige Darstellung eines hochsensiblen historischen Ereignisses:

Der Beitrag beschreibt die „Operation Sturm“ als eine „Wiedereroberung großer Teile des kroatischen Staatsgebiets, das zuvor von serbischen Kräften besetzt war“ – und übernimmt damit unkritisch eine einseitige Interpretation dieses Ereignisses. Unerwähnt bleibt, dass es sich dabei um eine militärische Offensive handelte, bei der mehr als 250.000 Serben vertrieben, über 1.700 getötet und mehr als 700 bis heute vermisst werden (Quelle: Kommissariat für Flüchtlinge der Republik Serbien).

Hinzu kommt, dass während und nach der Operation mehr als 22.000 Wohnhäuser serbischer Familien systematisch niedergebrannt oder zerstört wurden – mit dem klaren Ziel, eine Rückkehr der Vertriebenen Bevölkerung dauerhaft zu verhindern. Diese massive Zerstörung privaten Eigentums wurde von mehreren internationalen Organisationen dokumentiert und stellt ein weiteres gravierendes Kapitel dieser humanitären Katastrophe dar.

Die ethnische Säuberung, die im Zuge dieser Operation erfolgte, wurde im Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag (Februar 2015) ausdrücklich als solche benannt. Die systematische Vertreibung der serbischen Zivilbevölkerung aus der Krajina-Region war keine „Rückeroberung“, sondern ein schwerer Bruch humanitärer und völkerrechtlicher Normen – insbesondere da Teile der betroffenen Gebiete UN-Geschützte Zonen waren und gleichzeitig Friedensverhandlungen in Genf stattfanden.

2. Auslassung historischer Kontexte und Sensibilität gegenüber Opfern:
In dem ORF-Beitrag wird mit keinem Wort erwähnt, dass die vertriebene Bevölkerung seit Jahrhunderten – über 500 Jahre – in diesen Gebieten lebte, einst als Grenzschutz der Habsburgermonarchie. Es handelt sich um Menschen, deren Familien im Zweiten Weltkrieg Opfer des Ustascha-Genozids wurden. Gerade in einem öffentlich-rechtlichen Medium wäre es angebracht gewesen, diesen historischen Kontext und die daraus resultierende besondere Vulnerabilität der betroffenen Bevölkerungsgruppe zu berücksichtigen.

3. Unerträgliche Wiederholung vereinfachender Stereotype:
Besonders irritierend ist die Verwendung des Begriffs „Großserbien“ im begleitenden Text. Die undifferenzierte Verwendung dieses politisch missbrauchten Begriffs trägt zur Stigmatisierung einer gesamten Volksgruppe bei und entspricht nicht dem journalistischen Ethos eines öffentlich- rechtlichen Senders. Vom ORF erwarten wir Faktenorientierung statt ideologischer Verkürzung.

4. Ignorieren aktueller Entwicklungen in Kroatien:
Erschwerend kommt hinzu, dass der ORF die aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklung in Kroatien, insbesondere die Verherrlichung faschistischer Symbole und Parolen, vollständig ausblendet:

Am Jahrestag der Operation in Knin wurden erneut Ustascha-Parolen gerufen und das NDH- Regime verherrlicht – durch ranghohe Akteure.

Beleg: https://www.nezavisne.com/novosti/ex- yu/Ponovo-skandal-u-Kninu-Skejo-uzvikivao-ustaske-poklice-i-velicao-NDH/920020

In der kroatischen Öffentlichkeit ist die Verherrlichung des Ustascha-Staats kein Randphänomen, sondern zunehmend salonfähig – wie zuletzt beim Konzert des Sängers Thompson, dessen Auftritte regelmäßig mit nationalistischen Parolen und Symbolik verbunden sind. Beleg: https://www.blic.rs/vesti/politika/oglasila-se-drzavna-sekretarka-msp-srbije-zbog- tompsonovog-koncert/xb86p3m
Dass ein österreichischer öffentlich-rechtlicher Sender diesen Kontext nicht einmal andeutet, ist nicht nur enttäuschend – es ist ein Versäumnis journalistischer Verantwortung.

Unsere Erwartungen als öffentlich-rechtliche Beitragszahler:
Wir, der Dachverband der Serben in Österreich, fordern daher im Namen der serbischen Community:
1. Eine öffentliche Richtigstellung des genannten Beitrags mit korrekter historischer und rechtlicher Einordnung;
2. Eine künftig objektive, differenzierte und ethisch verantwortungsvolle Berichterstattung über Themen aus dem ehemaligen Jugoslawien;
3. Die aktive Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern aller betroffenen Gemeinschaften bei der journalistischen Aufarbeitung historischer Konflikte.

Als Gemeinschaft, die durchwegs loyal zur österreichischen Gesellschaft steht und ihren vollen Beitrag zur Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur dieses Landes leistet, erwarten wir eine Berichterstattung, die dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF gerecht wird.

Mit der Hoffnung auf eine sachliche Auseinandersetzung und im Geist des demokratischen Diskurses verbleiben wir
mit vorzüglicher Hochachtung,

Dachverband der Serben in Österreich
Wien, den 05.08.2025

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